Haben Sie sich jemals gefragt, welche individuellen Fähigkeiten man benötigt, um als Unternehmer (und natürlich auch als Freiberufler oder Selbständiger) dauerhaften Erfolg zu haben?

Ich weiß, ich weiß. Das ist natürlich eine sehr große, weitgreifende Frage.

Und sicher gibt es verschiedene richtige Antworten hierauf. Doch trotzdem ist es wichtig, hier und heute einen Punkt zu diesem Thema zu machen.

Eine wichtige Voraussetzung, die mir aber bis zuletzt gar nicht so präsent gewesen ist, möchte ich jetzt mit Ihnen besprechen. Es ist eine Voraussetzung, die man sofort als wichtig einstuft, sobald man sie erkennt.

Ja, genau. Sobald man sie erkennt. Leider wohl nicht vorher. Mich musste Volker Schlicht in Folge 5 des Podcast darauf stoßen.

Eine der wichtigsten Voraussetzungen, um dauerhaften Erfolg zu haben… ist, die eigene Lernkurve gestalten zu können.

Die Lernkurve verläuft – ich denke, das ist unstrittig – für jeden Menschen individuell ab und wird vor allem dadurch bestimmt, welche Erfahrungen man an welcher Stelle des Wirtschaftslebens macht.

Und natürlich hängt sie auch davon ab, ob man bereit ist, gemachte Erfahrungen auch so ernst zu nehmen, um sich danach die Zeit zu nehmen, aus ihnen zu lernen. Man kann Erfahrungen nämlich auch ziemlich gut ignorieren – und weitermachen wie bisher.

Wenn man es aber schafft, eine steile Lernkurve zu haben, dann dürfte sich das in einen echten Wettbewerbsvorteil ummünzen lassen. Denn man ist dann schneller in der Lage, sich Marktveränderungen und neuen Kundenwünschen anzupassen oder sich neue Technologien und Methoden für den täglichen Einsatz zu erschließen.

Was kann man also eine steile Lernkurve gestalten?

Um für sich selbst aber eine steile Lernkurve gestalten zu können, sehe ich vor allem fünf Prinzipien, mit denen man die richtigen Erfahrungen in der richtigen Dosierung macht, um daraus seine Schlüsse ziehen zu können.

Die im Folgenden aufgeführte Liste von 5 Prinzipien, die die Lernkurve im eigenen Sinne prägen, ist natürlich nicht allgemeingültig, sondern eine Liste meiner eigenen bisherigen Erfahrungen. Lassen Sie uns einsteigen:

1. Immer nur ein Projekt verfolgen

So selbstverständlich dieser Punkt scheint, so selten wird es in der Praxis eingehalten. Sich mit mehreren Ideen oder Projekten gleichzeitig zu befassen, ist eine zentrale Fähigkeit, die spätestens im mittleren oder gehobenen Angestellten-Dasein täglich geleistet werden muss. Auch fühlt man sich als Selbständiger mit mehreren Projekten komfortabler, weil man glaubt, dadurch höhere Chancen zu haben. Das Motto hierbei lautet: „Wenn ich 3 Projekte mache, dann kann ich ja damit rechnen, dass wenigstens eines davon klappt.“

Der Nachteil hier ist aber, dass man die verschiedensten postiven und negativen Erfahrungen macht. Und ich denke, dass das Unterbewusstsein diese durcheinandergewürfelten Erfahrungen nicht so ordentlich trennen kann wie Sie Ihre Projektakten auseinanderhalten können.

Besser wäre es meiner Meinung nach, sich voll und ganz immer nur auf eine Sache, ein Projekt, zu konzentrieren. Dadurch werden die gemachten Erfahrungen auch ganz natürlich “auf das richtige Konto” gebucht.

2. Zielstrebig die richtigen Erkenntnisse sammeln

Wir sprachen gerade davon, dass man die Lernkurve durch gemachte Erfahrungen nach oben klettert. Wie aber stellen Sie sicher, dass Sie auch geeignete Erfahrungen machen, die in Verbindung mit dem eigenen Unternehmen stehen? Denn nicht alles, was man lernen kann, macht einen auch fitter für zukünftige Entscheidungsprozesse oder anstehende Aufgaben.

Mit dem Lean Canvas-Modell gibt es ein geeignetes Modell dafür. Sie können Ihr Projekt so in einzelne Elemente unterteilen, dass Sie jederzeit in der Lage sind, gezielt die größten Risiken Ihres Projekts zu bearbeiten. Folglich ist sichergestellt, dass Sie Erfahrungen zu den wirklich wichtigen Stellschrauben Ihres Projekts sammeln, und nicht belanglose Erkenntnisse anhäufen.

3. Klare Meilensteine definieren

Die wichtigste Ressource, über die man als Unternehmer verfügt, ist die eigene Zeit. Selbst verlorenes Geld kann wieder verdient oder über Finanzierungen aufgenommen werden. Lebenszeit aber ist unwiederbringlich verloren. Trotz eines überbordenden Willens zum Erfolg sollte man deshalb unbedingt wissen, wann ein Projekt nicht mehr aussichtsreich ist.

Da man diesbezüglich aber niemals absolute Sicherheit haben kann, wann ein Projekt aussichtslos geworden ist, muss man sich einer Hilfskonstruktion bedienen. Man definiert dazu Meilensteine und legt diese gedanklich in Etappen auf den Weg zum gewünschten Ziel. Sollte ein Meilenstein verfehlt werden, beendet man dieses unternehmerische Projekt in aller Konsequenz.

Ein schöner Merksatz hierzu, der meines Wissens auf Seth Godin zurückgeht, lautet: „Winners quit sooner.“ und bedeutet, dass diejenigen zu den Gewinnern zählen werden, die sich rechtzeitig von einem Fehlschlag lossagen, um ihre Zeit mit einer neuen Idee zu verbringen.

4. Schnelligkeit statt Perfektionismus

Wenn man sein eigenes Projekt anderen präsentiert, dann ist einem wichtig, einen sprichwörtlich guten Eindruck zu machen. Dieser zutiefst menschliche Zug führt oft dazu, dass man auch an Details und Feinheiten sehr hohe Ansprüche stellt. Diese Details und Feinheiten fallen aber nicht jedem ins Auge und den allermeisten Außenstehenden sind sie auch nicht wichtig. Einem selbst jedoch sind diese Dinge oftmals wichtig, sodass man bereits in einem frühen Stadium einen Perfektionismus entwickelt, der sehr viel Zeit verschlingt.

Nicht, dass wir uns falsch verstehen. Qualitätsanspruch und Perfektionismus sind in meinen Augen verschiedene Paar Schuhe. Alles, was Wert für Kunden schafft, sollte hohen Ansprüchen genügen. Aber auch noch kleinste Details wieder und wieder verbessern zu wollen, ohne davon einen klaren Nutzen für Kunden ableiten zu können, ist unnötiger Perfektionismus.

Besser wäre es, nur die wirklich wichtigen Veränderungen und Arbeiten zu erledigen, um schnell neue Erkenntnisse zu erlangen, wie sich die Verbesserungen oder Veränderungen auswirken. Diese Schnelligkeit kann man jedoch nur an den Tag legen, wenn man seinen Perfektionismus abstreift und die nötige Detailarbeit auf den richtigen, späteren Zeitpunkt verlegt.

5. TO DON’T-Liste pflegen

Das Aufgabenfeld des Unternehmers ist – insbesondere zu Beginn eines neuen Projekts – sehr groß und völlig unübersichtlich. Es ist deshalb unmöglich, eine jederzeit vollständige Liste mit Dingen zu pflegen, die zu erledigen sind. In der Praxis wird man sich von Aufgabenstellung zu Aufgabenstellung und von Projektschritt zu Projektschritt hangeln.

Um auch in Zukunft davor gefeit zu sein, in Stresssituationen und im Alltag in seine alten Verhaltensmuster zurückzufallen, bietet es sich an, eine TO DON’T-Liste zu führen. Auf dieser Liste verzeichnet man all die Entscheidungsmuster und Situationen, in denen man sich in der Vergangenheit falsch entschieden hat. So wird die TO DON’T-Liste zu einem Hilfsmittel, in vergleichbaren zukünftigen Situationen schnell und leicht die Erkenntnisse der Vergangenheit im Sinne einer besseren Entscheidung einfließen zu lassen.

Ich denke, damit haben Sie ein Grundgerüst von Prinzipien für Ihre Lernkurve, die sich über die Zeit für Sie zu einem Wettbewerbsvorteil ausweiten.

Welche Prinzipien auch immer Sie für wichtig halten: Der Weg zum Erfolg wird für jeden anders verlaufen. Volkers Weg ist ausführlich und sehr interessant in Folge 5 beschrieben – aber er ist auch ein Beispiel für einen relativ steinigen Weg.

Deshalb meine Frage an Sie: Welche Probleme sehen Sie, sich selbst eine dauerhaft steile Lernkurve zu erhalten? Welche Prinzipien dazu habe ich hier Ihrer Meinung nach noch nicht erwähnt?